Gestaltungsmöglichkeiten mit der Kamera

 

Wenn Menschen sich etwas erzählen oder für andere etwas aufschreiben, müssen sie die in der verwendeten Sprache geltenden Regeln für Satzbau (Syntax) und Grammatik beachten. Sonst werden sie schlecht oder gar nicht verstanden. Nicht anders ist es beim Film. Filmen heißt in erster Linie: Mit der Kamera eine Geschichte erzählen. Wenn also ein Filmemacher mit seinem Werk (richtig) verstanden werden möchte, muss er die gültigen Regeln der Film- bzw. Bildsprache kennen und berücksichtigen. Das beginnt schon bei der Kameraarbeit. Hier stehen folgende grundlegende Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung, die der Kameramann kennen und über die er bei der Aufnahme entscheiden muss:

 

  • Die Einstellungsgrößen

    Damit werden die unterschiedlichen Bildausschnitte bezeichnet, die gewählt werden können, z.B.: Totale, Halbtotale, Halbnah-, Nahaufnahme, Großaufnahme, Detail etc.

  • Die Bildgestaltung

    Das ist die fotografische Seite des Filmens und umfasst Punkte wie Bildaufbau, Belichtung, Schärfe, Lichtführung (wie z.B. Seitenlicht oder Gegenlicht), aber auch die Berücksichtigung und/oder die gestalterische Nutzung von im Bild enthaltenen Farbelementen etc.

  • Der Kamerastandort

    Der beschreibt, welche Position die Kamera gegenüber dem gefilmten Objekt in der Handlungsebene (d.h. horizontal) einnimmt: z.B. von vorn, von der Seite, Overshoulder, Schuss/Gegenschuss etc.

  • Die Kameraperspektive

    Damit wird der (vertikale) Betrachtungswinkel beschrieben, den die Kamera gegenüber dem gefilmten Objekt einnimmt, z.B. Augenhöhe, Bauchhöhe, Vogelperspektive, Froschperspektive etc.

  • Die Kamerabewegung

    z.B. Kamerafahrten, Schwenks, Zooms oder auch die so genannte "subjektive Kamera"

  • Die Einstellungsdauer

    Diese ist in erster Linie abhängig vom Bildinhalt. Die einzelnen Einstellungen sollten grundsätzlich immer etwas zu lange gefilmt werden. Später beim Schnitt wird dann passend zur Filmaussage gekürzt.

In einem Roman oder einer Erzählung ist das wichtigste gestalterische Grundelement der Satz. Jeder Satz besteht aus einer Folge von Worten, die nach gewissen sprachlichen Regeln geordnet sind. Auch im Film gibt es ein solches Grundelement:

  • Die Sequenz

    Eine Sequenz ist eine Folge von Einstellungen. Das heißt: Eine Szene, ein Vorgang (oder auch ein Gegenstand) wird nicht nur mit einer einzigen Einstellung "abfotografiert", sondern in mehrere unterschiedliche Einstellungen aufgelöst. Hierbei werden – entsprechend der beabsichtigten Filmaussage – gleichzeitig die oben genannten Punkte variiert (Kamerastandort, Kameraperspektive, Einstellungsgröße und -dauer etc.). "In Sequenzen filmen" bedeutet also Bildfolgen produzieren.

Man kann später beim Schneiden nichts montieren, was man vorher nicht gefilmt hat!

Deshalb sollte man unbedingt vorher überlegen, welche "Geschichte" man erzählen will und welche Bildfolgen unterschiedlicher Einstellungen man dazu in den diversen Szenen benötigt. In den seltensten Fällen kann man fehlende Einstellungen später problemlos nachdrehen.

 

Noch zwei Tipps:

1. Großaufnahmen! Großaufnahmen! Damit kann man den Zuschauer so nah an Dinge heranführen, wie er es sonst vielleicht noch nie erlebt hat. Deshalb machen besonders Großaufnahmen in hohem Maße die Faszination des Mediums Film aus.

2. Niemals nur die bzw. eine "Aktion" filmen, sondern stets auch die "Reaktion" (z.B. Zuschauer, Beobachter, andere Beteiligte). Wird nicht nach dem Prinzip von "Aktion und Reaktion" gefilmt, dann fehlt später ein wichtiger Teil der in dem Film dargestellten Wirklichkeit.

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